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1.5.3 Erzählungen von Emde - Hagen

Emde- Hagen

WLK 1962 „Von alten waldeckischen Originalen“Wilhem Emde (Hagen), stammte aus Bömighausen

... und wenn das „ew`ge Leben kommt

Der alte Christian in N. hat über 40 Jahre treu und brav die Kirchenglocken geläutet, und beim Orgelspiel hat er „die Bälge getreten“ (den Blasebalg bedient). Das tat er mit Gefühl und Ausdauer. Da hat sich nun mal folgendes zugetragen: Der Lehrer von N., der immer die Orgel spielte, war verreist. Da musste denn sein Kollege, der Lehrer von B. einspringen. Der kannte Christian und seine Gewohnheiten nicht. Sitzt also der Lehrer von B. an der Orgel, und Christian steht ganz gemütlich an der Brüstung und schaut hinunter ins Kirchenschiff. Und nun kommt das Glaubensbekenntnis – Sie wissen ja, dass das „Amen“ am Schluß des Glaubensbekenntnisses gesungen wird. Der Pfarrer spricht: „Ich glaube an den heiligen Geist, eine heilige...“ Christian steht noch immer an der Brüstung und rührt sich nicht. Der Pfarrer fährt fort: „Vergebung der Sünden“. Christian rührt sich noch immer nicht. Der Lehrer guckt ihn hilfesuchend an. Christian tut, als merke er nichts. Der Pfarrer spricht weiter: „Auferstehung des Fleisches und ein ewiges Leben“. Und dann hat der Lehrer den Wind für das „Amen“ doch noch dagehabt, und die Gemeinde hat es laut und kräftig gesungen.

Nachher beim Herausgehen sagt der Lehrer zum Christian: „Hören Sie mal, Herr W., da haben Sie mich aber in große Verlegenheit gebracht“. „Aber wieso denn, Herr Lehrer?“ sagt Christian ganz harmlos. „Aber hören Sie mal, Herr „.“, sagt der Lehrer noch ganz aufgebracht, „stehen da an der Brüstung, als gehe Sie das alles nichts an, und ich sitze da wie auf heißen Kohlen“. „Ach, Herr Lehrer“, beruhigt ihn der Christian, „da brauchen Sie sich bei mir doch keine Sorgen zu machen. Wissen Sie, Vergebung der Sünden, das interessiert mich nicht, bei Auferstehung des Fleisches, da erhebe ich mich langsam, und wenn dann das ew`ge Leben kommt, dann können Sie bestimmt glauben, dass ich dann auch den nötigen Wind da habe.“

Henriekes Vedder

Henriekes Vedder war Straßenwärter in B. und spielte sonntags immer Skat mit meinem Onkel und dem alten Berghöfer. Wenn es Sonntag vier Uhr war, dann hielten ihn keine zehn Pferde, dann wurde Skat gespielt – bis in die Nacht hinein. Das war so üblich. Am Montag ging dann dem alten Straßenwärter das Spiel immer noch im Kopf herum. Da sprach er dann öfters mit sich selbst. Einmal war er beim Steineklopfen. Ein Bekannter stelle sich hinter einen Baum, um zu hören, was er so vor sich hinmurmelte. Hob Henriekes Vedder seinen Steineklöpper hoch und sagte: „Un dann spill ick diänn upp, un dann spill ick diänn upp“. Dann zog er zwei Steine an sich heran und rief: „Un dann haw ick se alle“.

Eines Tages wollte Rauch für seine Kuh Häcksel schneiden. Die Schneidelade stand auf dem Boden seines Hauses. Sie war aber nicht weiter befestigt und verschob sich jedes Mal, wenn das lange Messer mit einem Ruck nach unten ging. „Witte stohn bliewen? Witte stohn bliewen?“ schrie dann der alte Rauch. Sie blieb aber nicht stehen. So ging das eine ganze Weile, bis ihm der Kamm schwoll. Zornentbrannt packte er die Schneidelade und warf sie runter auf die Tenne. Es gab einen furchtbaren Schlag. Mein Vater und ich sprangen erschrocken auf und liefen zur Tenne. Da stand der Alte vor seiner zerbrochenen Schneidelade und schimpfte: „Ick will dick hüppen lären! Ick will dick hüppen lären!“