1.10.1 Die Vogelwelt Bömighausens (Bernd Hannover)
Wie Lebensadern durchziehen die blauen Bänder der Neerdar, der unteren Rhena und einige kleine Nebenbäche die Mittelgebirgslandschaft in der Gemarkung Bömighausen. Hier kommen die Gebirgsbacharten Eisvogel, Wasseramsel und Gebirgsstelze alsBrutvögel vor.
In den dichten, galerieartigen Auwäldern an den Ufern nisten gerne der Zaunkönig, Grauschnäpper und die Wacholderdrossel. In den parkartigen, auwaldähnlichen Beständen zwischen dem Dorf und dem Campingsee hat sogar der sonst nur in den tieferen Lagen vorkommende Gelbspötter gebrütet. Zur Zugzeit kann man auch den laut rufenden Flussuferläufer oder den Waldwasserläufer an den Ufern aufscheuchen.
1976 wurde sogar ein Hochseevogel, der Basstölpel, am Campingsee völlig erschöpft gefunden. Das Tier wurde von Ölresten befreit, gefüttert, gepflegt und später dem Duisburger Zoo übergeben. Auf diesem Freizeitsee brüten regelmäßig Stockenten und Blässhühner, bis 1977 auch noch das Teichhuhn. Neuerdings gesellt sich zur Brutzeit auch noch die Reiherente mit ihrem markanten schwarz-weißen Gefieder und einer Haube auf dem Kopf hinzu. Außerhalb der Brutzeit kann man hier auch noch andere Wasservogelarten, wie z.B. die Krickente, Knäkente, Löffelente, Tafelente, Zwergtaucher oder den Graureiher beobachten. Im Juni 1976 jagte sogar eine Trauerseeschwalbe dicht über der Wasseroberfläche nach Insekten.
Eine Besonderheit der Landschaft um Bömighausen sind die ausgedehnten Grünländereien mit den blütenreichen Feucht-, Frisch- und Magerwiesen, von zahlreichen Hecken durchzogen. Hier kann man noch das seltene Braunkehlchen bei der Aufzucht seiner Jungen beobachten. Diese Landschaft bietet zahlreichen, zum Teil stark bedrohten, Brutvögeln eine Heimat: Feldschwirl, Sumpfrohrsänger, Bachstelze, Feldlerche und Wachtel. Mehr in den Hecken und Feldgehölzen kommen folgende Arten als Brutvögel vor: Bluthänfling, Grünling, Goldammer, Feldsperling, Stieglitz, Neuntöter, Elster,Dorn-, Klapper- und Gartengrasmücke. Auch den in ganz Deutschland vom Aussterben bedrohten Raubwürger kann man noch vereinzelt beobachten. Alljährlich ab Mai hört man den Kuckuck in den Hecken und an den Waldrändern seinen Namen rufen. Mit etwas Glück kann man in den letzten Jahren in abgelegenen Waldwiesentälern den scheuen Schwarzstorch sehen, der in der näheren Umgebung wieder brütet. Leider völlig aus der Landschaft verschwunden ist in den letzten Jahren das Rebhuhn. Auch Kiebitze und Steinschmätzer (Brutvogel bis 1976) kann man heute nur noch auf dem Durchzug beobachten.
Charakteristisch für das gesamte Upland sind die bewaldeten Bergkuppen und Hänge, die auch das Dorf Bömighausen einsäumen. Für die Vogelwelt besonders interessant sind die Altbuchenbestände am Werbelberg, Ahrenscheid, an den Bömighäuser Tannen und an dem besonders imposanten Bergrücken des Stenders westlich des Ortes. In diesen Gebieten brüten folgende Vogelarten: Kohl-, Blau-, Sumpf-, Weiden- und Schwanzmeise, Kleiber, Wald- und Gartenbaumläufer, Trauerschnäpper, Waldlaubsänger, Zilpzalp, Gimpel, Kernbeißer, Buchfink, Star, Ringeltaube, Eichelhäher, Rotkehlchen, Amsel, Sing- und Misteldrossel, Buntspecht, Grauspecht und unser größter Specht, der Schwarzspecht, in dessen verlassene Höhle am Stender eine seltene Hohltaube eingezogen ist. Auf die etwas lichteren Stellen der Wälder haben sich Fitis, Baumpieper, Heckenbraunelle und Mönchsgrasmücke spezialisiert.
Auf einer verbuschten Kahlschlagfläche an der Sonder in Richtung Neerdar brütet regelmäßig der Wiesenpieper, eine gefährdete Charakterart des Uplandes.
In den Kronen der Bäume horsten der Mäusebussard, Rotmilan, Habicht und Sperber.
Die sehr standorttreuen Rabenkrähen ziehen im Winter gern in die tieferen Lagen des Landkreises, was ein am Bahnhof Berndorf im Dezember beringter Vogel belegt, der im Folgejahr an der Neerdar bei Gebeshol gebrütet hat. Aber auch die Fichtenwälder, insbesondere im Bereich der Rhenamündung zum Wipperberg, bieten einer Reihe von spezialisierten Vogelarten eine Heimat: Tannen- und Haubenmeise, Fichtenkreuzschnabel, Erlenzeisig, Sommer- und Wintergoldhähnchen. Auch die seltene Turteltaube ruft regelmäßig im Bereich der Rhena.
Nachts kann man in den Wäldern um Bömighausen den Waldkauz, und mit etwas Glück auch die seltene Waldohreule hören. Viele Vogelarten haben sich an den Menschen gewöhnt und bauen ihre Nester am liebsten in den Siedlungen. So bietet auch Bömighausen einer Reihe von gefiederten Freunden eine Heimat: Rauch- und Mehlschwalbe, Bachstelze, Girlitz, Hausrotschwanz und im Jahr 2004 hat am Friedhof sogar der sehr selten gewordene Gartenrotschwanz gebrütet. Dem allgemeinen Trend in Deutschland folgend, ist auch in Bömighausen, von den Bewohnern kaum bemerkt, ein über jahrhunderte treuer Begleiter des Menschen fast vollständig verschwunden, der Haussperling. Auf ihrer weiten Reise in den Süden kann man auch in Bömighausen zahlreiche Vogelarten beobachten, die hier aber nicht brüten: Seidenschwanz, Rohrammer,Bergfink, Tannenhäher,Waldschnepfe (Brutverdacht), Bekassine, Lachmöwe, Ring- und Rotdrossel. Besonders beeindruckend sind die keilförmigen Formationen der Kraniche, die im Frühjahr und Herbst am Himmel zu beobachten sind.Die ungewöhnlich artenreiche Vogelwelt in und um Bömighausen lässt auf eine noch relativ „intakte“, stark strukturierte Landschaft schließen. Bleibt nur zu hoffen, dass dies auch in der Zukunft durch Erhalt der Heckenstrukturen, Wiesen, Feuchtbereiche, Magerrasen, klaren Bäche und strukturreichen Wälder unsere nachfolgenden Generationen sagen können.
Literatur: ENDERLEIN, R., LÜBCKE, W. & SCHÄFER, M. (1993): Vogelwelt zwischen Eder und Diemel – Avifauna des Landkreises Waldeck-Frankenberg. – Korbach.
HANNOVER, B. (1977): Siedlungsdichteuntersuchung der Gebirgsstelze (Motacilla cinerea) im Wassereinzugsgebiet der Aar bei Korbach 1974. – Vogelkundl. Hefte Waldeck-Frankenberg / Fritzlar-Homberg 3: 51-55.
HANNOVER, B. (1984): Zur Höhenverbreitung einiger Vogelarten im Waldecker Upland – 1. Teil. – Vogelkundl. Hefte Edertal 10: 51-78.
HANNOVER, B. (1985): Zur Höhenverbreitung einiger Vogelarten im Waldecker Upland – 2. Teil. – Vogelkundl. Hefte Edertal 11: 5-36.
HANNOVER, B. & LEHMANN, W. (1988): Charakteristische Pflanzen und Tiere der Feuchtgebiete in der Umgebung von Korbach. – Korbach.
HGON & NABU (Hrsg. 1975 – 2004): Vogelkundliche Hefte Edertal 1 – 30.