Zum Hauptinhalt springen

1.5.4 Anekdoten vom Jürgensmann...

Aus den „Geschichtsblättern für Waldeck, Band 1963 von Gustav Grüner

Band 3 der „Beiträge zur Volkskunde in Hessen“ hier Beiträge von Chr. Lamm

199: Mein Onkel war Maurer. Als er im Nachbardorf einmal arbeitete, kam ein feiner Herr zu ihm und sagte, er sei auch Maurer. Da zweifelte mein Onkel. Da machte der Herr seinen Rock auf. Da sah mein Onkel eine goldene Uhrkette mit Kelle und Hammer. Es war also ein Freimaurer.

Bömighausen, 27.6. 56 Chr. Lamm (70)

208: Früher sagten die Leute im Dorf: „Was Petrus und Mattheis macht, bleibt vierzig Tag und Nacht“; oder: „Mattheis bricht`s Eis, findet er keins, macht er eins.“

383: Am Debesbusch zwischen Bömighausen und Rhena soll immer ein weißes Gespenst zu sehen gewesen sein. Einmal sahen auch Bömighäuser, die von einem Fest heimkamen, das Gespenst. Als sie näherkamen, war es ein Kilometerstein.

564: Ulenspegel, dee wor upp Wanderschkaft un kümmet inn`en Dorp, geiht doa bie`n Buren un fröget, öffè Arbäit kriegen könnte. „Joa“, säget dee Bure, „ick hawwe Arbäit genoch.“`t wor im Heumaken, un wor auk vill Rärrenwädder, doa kam`me je Lüde bruken. Na, se werd einich, Ulenspegel, dee bliewet bieèm Buren. Na, se gott upp de Wisse in`t Heu, doa säget dee Bure: „Sau, nu häste de Harke un wengest datt Gras, getz bie dünn Wäddere mott me`t upp d`r Harke drügen.“ „Joa“, säget Ulenspegel, „datt willèck woll maken.“ Na, de Bure geiht noa heim, un boaè nu widderkümmet, denketè: „Noa, nu hättè`t doch sicker gewallt“, - doa ligget Ulenspegel bie dämm Heu, un dee Harke hättè doahingestallt un hätt`ne Handvull Heu upp dee Harke hangen. Doa säget dee Bure: „Na, watt makes`te denn getz?” Ja, hei hädde dach vorr`ne `sächt, me mößte`t bie dünn Wädder upp de Harke drügen, - hei drügede`t je auk upp d`r Harke. Doa säget dee Bure, sau wör datt nitt gemennt èwäßt, datt mößte me wengen, - sau – datt gink doch te lanksam. Na, datt gefälltèm nitt mäh, doa sägetè: „Ach, Häre, loat uns räckenen, übber un äwich konn we doch nitt tesammene bliewen!“ Un doa gäiht Ulenspegel sinnes Wäges widder.

Übersetzung von Karl Thomas: Eulenspiegel war auf der Wanderschaft und kommt in ein Dorf, geht zu einem Bauern und fragt, obe er Arbeit kriegen könnte. „Ja“, sagte der Bauer, „ich habe Arbeit genug.“ Es war im Heumachen, und es war auch viel Regenwetter, da kann man ja Leute brauchen. Na sie werden einig, Eulenspiegel bleibt beim Bauern. Na sie gehen auf die Wiese ins Heu, da sagt der Bauer: „So nun hast du die Harke und wendest das Gras, jetzt bei dem Wetter muss man es auf der Harke trocknen. „Ja“ sagt Eulenspiegel. „das will ich wohl machen.“ Na, der Bauer geht nach Hause, und als er wiederkommt, denkt er: „Nun hat er es sicher in Schwaden gelegt.“ Da liegt Eulenspiegel bei dem Heu, und die Harke hat er dahingestellt und hat eine Handvoll Heu auf die Harke gehangen. Da sagt der Bauer: „Na, was machst du denn jetzt?“ Ja , er hätte doch gesagt, man müsste bei dem Wetter auf der Harke trocknen – er trocknete es ja auf der Harke. Da sagte der Bauer, so wäre das nicht gemeint gewesen, das müsste man wenden, - so – das ging doch zu langsam. Na, das gefiel ihm nicht mehr, da sagte er: „Ach Herr, lass uns rechnen, immer und ewig können wir doch nicht zusammen bleiben“! Und da ging Eulenspiegel seines Weges weiter.

605: Raukesvedder wor nach Junkgeselle, un nu wollè Hochtiet maken. Nu woren se alle sauwiet, datt dee Hochtiet soll dänn Sunndaach sein. Dee Packwage, dee kümmet, bränget de Möwel, un doa säjet sinne Bruut vörr`ne: „Ja, dee Möweln, dee sitt ei`ntlek te schade in düsse alle Wohnung!“ Doa säget hei: „Watt? Te schade? Ick bruke Dinne Möwelen je nitt! Nämm se widder midde!“ Un doamidde gäihtè wäch, un dee Bruut, dee nahm d`n Wagen un fohrte`n widder noa Heime.

Übersetzung von Karl Thomas: Raukesvetter war noch Junggeselle, und nun wollte er Hochzeit machen. Nun waren sie schon soweit, das die Hochzeit den Sonntag sein soll. Der Packwagen der kommt und bringt die Möbel, und da sagt seine Braut zu ihm: „Ja, die Möbel, die sind eigentlich zu schade in dieser alten Wohnung!“ Da sagt er: „Was zu schade? Ich brauche deine Möbel ja nicht!

Nimm sie wieder mit!“ Und damit geht er weg, und die Braut die nahm den Wagen und fuhr wieder nach Hause.

 

606: Hie wo freuer so`n allen Schkohmaker, dee schkriffte sick Rauk. Dee hadde `ne Zigge un wor mitt derr Zigge im Nachboardorpe biem Bock gewäßt. Nu wollè noa Heime un hadde ehr doa in der Wertschkaft schon änn`gedrunken, un in der Wertschkaft, woè hinnekümmet, drinketè norrèmoal ännen. Dee Zigge, dee will dann nitt mäh goahn. Hei jiddèr gudde Woorde, hei tüht am Stricke, äwwer se geiht nitt. Hei schlippet, - se geiht auk nitt. Doa wärtè sau beuse un säget : « Du v`rdammte Zigge !, un nimmet d`n Stabestock un schlöttèr de beiden Hörner mit ämm Schlage wäch. Un doa hättè se noa Heime `drächt.

 

616: Ett woarèmoal en Schkäfer, dee hadde de Schkoape uppèn Felde un laach d`rbie un wor am Grienen. Doa kümmedèn Bure des Wäges un süht datt un säget: „Worümme grienst Du dann?“ „Ach, ick hawwe sau Hunger!“ Doa säget dee Bure vörr`ne: „Däswäjen brukestè doch nitt te grienenne, wenn De wider nix häst! Ick hawwe minn Freuhstücke doa vorne uppèm Fälde lijjen, goah doarupper un holl datt Freuhstücke un freuhstück! „Joa“, säget dee Schkäper, „wenn ick uppstonn will, - ick hawwe minn Freuhstücke, datt ligget auk doa uowwenne, äwwer ick will auck nitt uppstoahn, ick sie te meude.“ Doa säget de Bure: „Ja, dann kann ick Die nitt hilpen, dann moßte saulange grienen, bitt dat`te nitt mäih kannst!“

 

In diesen Jahren (Ende 1800) muss sich dann nachstehende Begebenheit zugetragen haben.

Carl Emde hatte bei Bauer Emden (Richts) in Neerdar einige Festmeter Nutzholz gekauft, dass er aber noch nicht bezahlt hatte. Ein jüdischer Geschäftsmann besuchte eines Tages Kaufmann Emde, sowie es auch noch heute die Firmenvertreter tun, um Bestellungen entgegenzunehmen und abzurechnen. In dem geführten Gespräch klagte Emde über die schlechten Zeiten, sprach über Außenstände und Warenartikel die immer mehr als Ladenhüter seine Regale füllten. So nebenbei brachte er auch den Holzkauf bei Bauer Emden in Neerdar ins Gespräch, und dass er bei der augenblicklichen Geschäfslage nicht wüsste wo er das Geld hernehmen sollte. Ja, wenn es so weiter ginge, mit der Zeit auch Pfändungen bei ihm anstehen würden.

Unser Geschäftsfreund ging nun, oder anderntags, weiter ins „Upland“, und besuchte auch Bauer Emden in Neerdar. Bei dem allgemeinen Gespräch über Wetter, über sein und der Familie Befinden, über die Marktlage in Landwirtschaft, brachtet er auch das Gespräch auf den Kaufmann Emde in Bömighausen und fragte wie es bei ihm wohl – und machte die entsprechende Bewegung mit Daumen und Zeigefinger – hiermit aussehe. Er habe ihm bei seinem letzten Besuch, im Vertrauen, angedeutet, dass die Geschäftslage schlecht sei, und er auch in Zahlungsschwierigkeiten sei. Als Bauer Emden ihm dann offenbarte, dass er aus dem Holzverkauf auch noch nicht sein Geld habe, meinte Herr X, dann solle er sich bald darum bemühen ehe es zu spät sei. Nachdem bei einem kleinen Imbiss alle Neuigkeiten ausgetauscht waren , ging Herr X weiter seiner Weges ins „Upland“.

Bauer Emden aber ließ seine Pferde einspannen und fuhr mit dem Wagen gen Bömighausen zu Kaufmann Emde. Da dieser seiner Forderung angeblich nicht nachkommen konnte, begann er zur Sicherstellung seiner Forderung, Waren auf den mitgebrachten Wagen zu laden. Alles Bitten, Reden und Klagen von Kaufmann Emde nutzte nichts, und lud so ziemlich alles was ihm wertvoll genug erschien, von Kuhketten, Eimern, Wannen, Mäuse- und Maulwurfsfallen, Textilien, Brettern und auch Lebensmittel auf seinen Wagen, und fuhr sichtlich zufrieden mit seiner Arbeit zu seiner Hofstätte nach Neerdar zurück.

Kaufmann Emde machte nun seinerseits eine Aufstellung der Waren die Bauer Emden mitgenommen hatte; und stellte seine Rechnung auf. Am anderen Tag, oder auch ein paar Tage später, zog Kaufmann Emde seinen guten Anzug an, steckte die Rechnung und genügend Bargeld ein und besuchte nun seinerseits den Bauer Emden in Neerdar. Nach der etwas frostigen Begrüßung erklärte er ihm, das es doch nicht in seiner Absicht gelegen habe, aus gut nachbarlich und Geschäftsverbindung, ihn um den wohlverdienten Erlös aus dem Holzverkauf zu bringen und wolle nun mit ihm abrechnen. Emde präsentierte ihm seine Rechnung, griff in die linke Rocktasche und zog einen Geldbeutel mit Hartgeld hervor und zählte den Restbetrag in Silberlingen auf den Tisch, mit der Bemerkung, dass es ihm doch sicher lieber sei, wenn er mit Silberstücken bezahle, welches Bauer Emden mit Kopfnicken bejahte.Als er nun fertig war und die Silbertaler fein säuberlich geordnet auf dem Tische blinkten, schob er sie wieder mit der rechten Hand zusammen in den Geldbeutel zu den anderen zurück und meinte, er könne es ihm auch in Goldstücken geben. Sprach und zog aus der rechten Rocktasche einen anderen Geldbeutel hervor und fing von neuen an zu zählen. Die Augen von Bauer Emden wurden immer glänzender und das Gesicht immer länger angesichts der vielen Goldstücke, doch abermals schob Emde die Goldstücke zusammen zurück in den Geldbeutel und bemerkte diesmal, das er ja tagszuvor auch nicht gerade rücksichtsvoll seinen Laden ausgeräumt habe und er möge sich auch mit Papiergeld zufrieden geben. Diesmal zog er aus seiner Brusttasche einen Bündel großer Geldscheine hervor und blätterte sie auf den Tisch, schob Herrn Emden die Rechnung zu um den Erhalte des Kaufbetrages zu quittieren und nach Vollzug dieser Handlung legte er sie zu den restlichen Geldscheinen schob sie in die Tasche, nahm seinen Hut bedankte und verabschiedete sich und zog nun seinerseits zufrieden nach Bömighausen zurück.